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Zum 5-jährigen Bestehen ist ein großformatiger Broschurband in limitierter Auflage von 1.000 Exemplaren mit 176 Seiten, die es in sich haben:

Die menschliche Komödie als work in progress

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Zu diesem Thema haben wir Texte von Honoré de Balzac, Hannah Arendt, Fernando Pessoa, Nicolás Gómez Dávila, Stephane Mallarmé, Gert Neumann, Wassili Grossman, Dieter Leisegang, Peter Brook, Uve Schmidt, Erich Mühsam u.a., gesammelt und mit den besten Essays und Artikeln unserer Internet-Ausgabe ergänzt. Inhalt als PDF-Datei
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Historische Wahrheit, gibt es das?

Nicholson Baker, 12.2007

Bemerkungen zu Nicholson Bakers umstrittenen Buch »Menschenrauch - Wie der Zweite Weltkrieg begann und die Zivilisation endete«

Daß die Geschichte der Geschichte von den Siegern geschrieben wird, ist längst eine Binsenweisheit, man könnte noch hinzufügen, sie wird fast ausschließlich von den siegreichen Männern geschrieben; Frauen, Kinder, Alte Menschen, und sonstige Opfer kommen in aller Regel lediglich darin vor, sofern es ihrer Illustration dient.

Darum geht es Nicholson Baker in seinem ebenso ambitionierten wie umstrittenen Text-Collage-Buch
»Menschenrauch - Wie der Zweite Weltkrieg begann und die Zivilisation endete« nicht.
Ambitioniert, weil er anhand einer Textsammlung von gut 1.000 Quellen, bestehend aus historischen Nachrichten aus Zeitungstexten, Politikerreden, Tagebucheinträgen, Briefen und Kommentaren auf gut 600 Seiten eine eigene, subjektive Chronik der Ereignisse bis zum 31.12.1941 komponiert hat, die zu belegen versucht, daß der II. Weltkrieg nicht, wie suggeriert, zwangsläufig als der Vernichtungskrieg hätte geführt werden müssen, zumindest was den Bombenterror des von beiden Seiten geführten Luftkrieg betrifft.
Umstritten, weil er darin die Lichtgestalten der Alliierten, Winston Churchill und Teddy Roosevelt ihres Nimbus, die Guten gewesen zu sein, beraubt und als das entlarvt, was sie ihrem Wesen nach offenbar waren, aber im Namen der vorherrschenden, jeweils systemtreuen Geschichtsschreibung nicht sein dürfen: reaktionäre, antisemitische Machtpolitiker, denen Machterlangung bzw. -erhalt vor allem anderen am Herzen lag.
Präsident Roosevelt war eine Marionette der Rüstungsindustrie, (wen wundert's), und schöpfte alle administrativen Mittel aus, um eine Erhöhung der Einwanderungsquote für europäische Juden in die USA zu verhindern. Churchill kämpfte für eine Erhaltung des British Empires um jeden Preis, auch der systematische Einsatz von Giftgas durch Bomber gegen abtrünnige, jedoch militärisch weit unterlegene jemenitische Stämme war ihm dabei Recht, bot er doch die Möglichkeit, die Techniken und Strategien des Luftkrieges nach dem Ende des I. Weltkrieges weiter zu verfeinern.
Churchill vor allem hat es Nicholson Baker angetan, an ihm arbeitet er seine offenbare Abscheu gegen kalkulierte Menschenopfer im Namen eines gerechten Krieges gegen die Barbarei ab. Die von ihm zitierten Quellen zeigen den englischen Premier als einen egomanen Kriegsherrn antiker Prägung, der imprägniert von einem menschenverachtenden Zynismus, alle machtpolitischen Register zieht, um seinen Amtsrivalen,
Arthur Neville Chamberlain, dessen Appeasement-Politik den Nazis gegenüber er verachtet, politisch bloß- und kaltzustellen.
Für das ebenso trinkfeste wie beratungsresistente Raubein, das zu den Einsatzbesprechungen gerne in Räuberzivil erschien, scheint der Überfall Nazideutschlands auf Polen als zumindest nicht unwillkommener Anlaß, den Kampf gegen seine Lieblingsfeinde, die »Hunnen« endlich mit den Mitteln eines modern geführten Luftkrieges ein für alle Mal zu Ende führen zu können.
»Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!« Mit diesem Spruch kommentierte Winston Churchill seinen Wunsch, erst die deutschen Industrieanlagen, dann die Zivilisten zu bombardieren.


Solche immerhin durch seriöse Quellen belegte, nachvollziehbare Gedanken- und Argumentationsstränge, sind es, die Bakers aufklärerischer Arbeit vehemente Kritik und Entrüstung haben entgegenschlagen lassen. Woher der so hochgelobte
Autor Daniel Kehlmann, Jahrgang 1975, allerdings die Urteilskompetenz nimmt, zu behaupten, Bakers Buch sei »Ein Buch für die Feinde der Demokratie«, wüßte ich gerne. Diese anmaßende Aussage repräsentiert lediglich die Meinung des Herrn Kehlmann und ist meines Erachtens falsch. Bakers Buch ist im Gegenteil ein Buch für alle Demokraten und systemkritische Leser & Denker. Sind wir schon soweit heruntergekommen, daß Prominenz automatisch auch Kompetenz bedeutet.
Anne Applebaum, die für ihre Arbeiten über die Geschichte des Kommunismus und Osteuropa mehrfach ausgezeichnet wurde, sieht gar das aus »Originalquellen von 1892 bis 1941 zusammengefügte Werk Bakers als bizarres Resultat einer anti-professionellen, verschwörungstheoretisch infizierten Internetkultur, die aus einem Meer unsortierter und ungeprüfter Informationen regelrecht geisteskranke Gegengeschichten zum offiziellen Wissen zusammenbraut«. Mag es für das Zustandekommen ihrer Meinung zu Bakers Arbeit von Bedeutung sein, daß Frau Applebaum mit dem polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski verheiratet ist? Fakt ist, daß die Quellen, mit denen Baker in seinem Buch die Judenfeindlichkeit innerhalb der polnischen Bevölkerung, vor, während und nach dem Überfall Polens durch Nazideutschland belegt, einer Überprüfung standhalten. Das man dies in Polen nicht gerne zur Kenntnis nimmt, liegt auf der Hand. Seine literarische Arbeit als »geisteskrank« zu bezeichnen, ist menschlich inakzeptabel und verlangt nach einer Entschuldigung.

Nicholson Bakers Buch
»Menschenrauch - Wie der Zweite Weltkrieg begann und die Zivilisation endete« ist eine ebenso verstörende, wie faszinierende Lektüre, weil sie an für gewiß gehaltenen Überlieferungen rüttelt, welche unserem Weltbild von der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewissermaßen ein moralisches Korsett gegeben haben, an das wir durch die Alliierten vom Naziterror befreiten Nachgeborenen gerne weiter glauben wollen würden, nun aber nicht mehr können. Baker zwingt uns, unangenehme Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen, die wir auf unserer Suche nach einer Wahrheit in der Geschichte nicht länger ignorieren können. Und so, wie es aussieht, gibt es keine historische Wahrheit, sondern nur unterschiedliche Points of View auf die historischen Fakten, deren Auslegung und Wichtung vom jeweiligen Zeitgeist und dessen vielfältigen Erkenntnisinteressen bestimmt werden, oder sehe ich das falsch, Herr Wehler? Herbert Debes

ps
im Ko
ntext zu Bakers Arbeit ist W. G. Sebalds Buch »Luftkrieg und Literatur« eine sehr sinnvolle Lektüre zur Vergegenwärtigung und Verdeutlichung der schier unfaßbaren Dimension des Grauens, über welche das Gegenwartsfeuilleton gerne mit eloquenten Sätzen hinwegschreibt. Darüberhinaus empfehle ich Gert Ledig »Vergeltung«, ein Buch, das man sich wahrscheinlich nur noch antiquarisch besorgen kann, weil dieser Autor schon vor 50 Jahren von der Kritik zu Unrecht nahezu igrnoriert, bzw. bewußt totgeschwiegen worden ist.

Alle Photos: Public domain

Nicholson Baker
Menschenrauch
Deutsch von Sabine Hedinger und Christiane Bergfeld
Rowohlt
Hardcover, 640 Seiten
06.03.2009
24,90 €
978-3-498-00661-7





Leseempfehlung:

Enzyklopädie der Melancholie

Ein Essay von René Steininger

Man wird in der deutschen Literatur nach 1945 nicht leicht ein Werk finden, das so hartnäckig um die Themen der Zerstörung und Trauer kreist, wie jenes des 1944 in Wertach im Allgäu geborenen und 2001 bei einem Autounfall in seiner englischen Wahlheimat Norwich ums Leben gekommenen Literaturwissenschaftlers und Schriftstellers W. G. Sebald.


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