Glanz & Elend Magazin für Literatur und Zeitkritik


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Die menschliche Komödie
als work in progress


Zum 5-jährigen Bestehen ist
ein großformatiger Broschurband
in limitierter Auflage von 1.000 Exemplaren
mit 176 Seiten erschienen, die es in sich haben.

 

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 Seitwert

 

Begriffe in Bewegung

Das einzige existierende Filmdokument des Französischen Philosophen Gilles Deleuze ist jetzt mit deutschem Voice-Over erschienen.

Neben Michel Foucault und Jacques Derrida war Gilles Deleuze der prominenteste Philosoph der 68er-Bewegung. Er genoß es, mit seinem anarchischen Temperament zu provozieren, bekannte sich als Linker demonstrativ zu Nietzsche und und wagte in seinen Schriften so disparate Themengebiete wie Anthropologie, Architektur, Biologie, Geschichte, Psychoanalyse, Sprachwissenschaft, politische Ökonomie, Soziologie, Musik, Kunst, Literatur oder Kino zusammenzuführen. Doch trotz seiner Popularität war der Autor vieldiskutierter philosophischer Bestseller nie im Fernsehen aufgetreten.

Als er sich 1988 doch auf ein Filmgespräch einließ, geschah dies abseits des Medienhypes und zu seinen Bedingungen. So war der Produzent des Films ein befreundeter Filmemacher, und seine Gesprächspartnerin war Claire Parnet, mit der er befreundet war und ein Buch (Dialoge, 1980 Suhrkamp) geschrieben hatte. »
Deleuze hat durch seinen lebenslang geübten und endlich unverwechselbaren Stil vibrierender Nüchternheit, den man nur literarisch nennen kann, jeden Begriff, mit dem sein Denken in Berührung gekommen ist, in Bewegung versetzt und zum Leben einer selbständigen 'Begriffsperson' erweckt«, beschreibt Martin Stingelin in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Faszination des Interviews.

Doch, entre nous, so ganz sicher bin ich mir bei den Franzosen nie, ob sie das alles tatsächlich so ernst nehmen und meinen, wie es der Deutsche Intellektuelle gerne hätte. Allein das Interieur, die arrangierte Szenerie der Zusammenkunft ist très léger. Und mit welcher charmanten Nonchalance Gilles Deleuze in einem ausgeleierten, mauvefarbenen Pullover vor einer halbhohen Kommode sitzt, über der ein alter Spiegel hängt, in dessen linken unteren Ecke man das Spiegelbild seiner ketterauchenden Gesprächspartnerin, Claire Parnet, erkennt, das ist grandios. Rechts oben neben dem Spiegel hängt, nicht zufällig (?) ein alter Hut. Es wurde ein langes Gespräch von mehr als sieben Stunden, in dem Deleuze mit viel Ironie & Witz, charmant und ohne Pathos die Stichwörter pariert, illustriert dekonstruiert und zusammensetzt, die Parnet mit ihrer alphabetischen Begriffsauswahl von A wie Animal bis Z wie Zickzack vorgibt.
Das macht Spaß, das inspiriert, das hat Stil.
Bis auf eine Kleinigkeit, die dem zuhörenden Betrachter bei genauerem Hinsehen aufgefallen ist und nachhaltig irritiert hat. Die langen, sehr langen, schon krallenhaft gebogenen Fingernägel von Gilles Deleuze, die so gar nicht zu dem ansonsten uneitel wirkenden Grand Seigneur passen wollen. Gibt es dafür eine Erklärung, wenn ja, bitte eine aufklärende Mail an www.glanzundelend.de. Herbert Debes

ps

Zum Thema Fingernägel haben wir einen sehr hilfreichen Hinweis erhalten, in dem Deleuze selbst zu Wort kommt: Aus seinem wunderschönen "Brief an einen gestrengen Kritiker" (siehe u.a. SHORT CUTS S.100 ff.). :

"Da Du immer wieder auf meine Fingernägel zurückkommst, werde ich es Dir erklären. Man kann natürlich immer sagen, daß meine Mutter sie mir früher zu kurz geschnitten hat und daß das mit Ödipus und der Kastration zu tun habe (groteske, aber psychoanalytische Interpretation). Man kann auch angesichts der Abnormität meiner Finger sagen, daß es mir wegen der fehlenden Hautrillen auf den Fingerkuppen Nervenschmerzen bereitet, mit den Fingerspitzen ein Objekt, besonders StoV zu berühren, was den Schutz langer Fingernägel erfordert (teratologische und selektionistische Interpretation). Man kann außerdem sagen, und das ist wahr, daß mein Traum nicht darin besteht, unsichtbar zu sein, sondern unwahrnehmbar, und daß ich diesen Traum durch den Besitz von Fingernägeln kompensiere, die ich wunderbarerweise in der Tasche verschwinden
lassen kann, daß mir nichts schockierender erschiene, als wenn sie jemand betrachtet (sozialpsychologische Interpretation). Schließlich kann man sagen: »Du sollst nicht an den Fingernägeln kauen, denn die gehören dir; wenn du Fingernägel magst, dann kaue an denen der anderen, wenn du willst und kannst« (politische Interpretation).
Du aber wählst die mieseste Interpretation: er will etwas besonderes sein und macht auf Greta Garbo. Auf jeden Fall ist es merkwürdig, daß von all meinen Freunden keiner bis jetzt meine Fingernägel bemerkt hat; sie fanden sie ganz natürlich, zufällig dort angepflanzt vom Wind, der Samenkörner herbeiträgt und nicht weiter erwähnenswert."
 

Abécédaire.
Gilles
Deleuze von A bis Z.

Ein Film von Pierre-André Boutang. Konzeption und Interview: Claire Parnet. Original mit deutschen Untertiteln, wahlweise deutschem Voice-Over (gesprochen von Hanns Zischler und Antonia von Schöning).
Hg. von Valeska Bertoncini und Martin Weinmann.
453 Minuten.
3 DVDs im Schuber.
49,90 €
absolut MEDIEN & Zweitausendeins

Animal (Tier) - Boisson (Alkohol) - Culture (Kultur) - Désir (Wunsch) - Enfance (Kindheit) - Fidelité (Treue/Freundschaft) - Gauche (Links) - Histoire (Geschichte der Philosophie) - Idee - Joie (Freude) - Kant - Literatur - Maladie (Krankheit) - Neurologie - Oper - Professeur - Question (Frage) - Résistance (Widerstand) - Style (Stil) - Tennis - Un (Das Eine) - Voyage (Reisen) - Wittgenstein - Y (Unbekannt) - Zickzack

Die längst überfällige erste deutsche Ausgabe bietet das vollständige Filmgespräch in Originalsprache mit optionalen deutschen Untertiteln zum Mitlesen sowie eine eigens produzierte, von Hanns Zischler sehr einfühlsam gesprochene Voice-Over-Fassung.

Mit einem 60 seitigen Booklet
Aus Gesprächen mit den Filmemachern
Claire Parnet Interview I & II
Pierre-André Boutang
Ein kleines Abc
Siglen und Nachweise

absolutMedien



 


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