Glanz&Elend Literatur und Zeitkritik |
|||
Home Termine Literatur Krimi Biografien, Briefe & Tagebücher Politik Geschichte Philosophie Impressum & Datenschutz |
|||
|
|||
»Ich
überlasse Ihnen das zum Weiterdenken!« |
|||
„Hat mir ferngelegen – ist mir nahe gegangen!“
Theodor W. Adorno hatte
anscheinend eine Aversion gegen die freie Rede. Viele seiner gesprochenen Texte
hat er nicht zum Druck freigegeben, ehe er sie nicht bearbeitet und das
Manuskript wasserdicht gemacht hatte. Das ist sicherlich der politischen
Situation nach dem Krieg in Deutschland geschuldet. Vielleicht verhält es sich
aber auch so, dass was ihm angeblich zu fern gelegen haben soll, ihm im
Gegenteil zu nahe war? Denn nicht nur erarbeiteten Max Horkheimer und er die
Dialektik der Aufklärung und andere Texte mit Hilfe von diktierten
Tonbändern, sondern möglicherweise ist diese Sphäre der Rede und ihre besondere
Zugewandtheit an die Zuhörerinnen und Zuhörer gerade ein Reflexionsmedium, das
den genuinen Kern der kritischen Theorie ausmacht. Vom jungen Max Horkheimer ist
bekannt, dass er im Gespräch und persönlichen Umgang zu liebenswürdig gewesen
sei – wegen seiner Probleme, einem Gegenüber nichts abschlagen zu können, hatte
er sich 1927 mit Erfolg psychoanalysieren lassen. Es war dieser persönliche und
sachliche Kontext, der die bestimmte Synthese von Marxismus und Psychoanalyse
ermöglichte, die als interdisziplinärer Forschungszusammenhang die Frankfurter
Schule konstituieren half. Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf. Sie sollen sich nicht imponieren lassen, auch nicht von der Wissenschaft, sondern sich in Gottes Namen auf Ihren gesunden Menschenverstand verlassen, der heute längst nicht mehr mit der Wissenschaft ohne weiteres übereinstimmt. Lassen Sie sich nicht dumm machen, vor allem nicht einreden, daß, was da in der akademischen Welt gedeiht, nun ohne weiteres die höhere Einsicht vertritt, sondern denken Sie daran, daß, im Gegensatz zu der offiziellen Bildungswelt, in der des Volkes immer auch eine Tradition der Skepsis, der Ironie, des wachen Bewußtseins am Werke war, vielleicht die beste Quelle, um die Welt zu verändern, über welche die Menschheit heute überhaupt verfügt.[1] Die öffentliche Sphäre der Ironie und des kritischen Bewusstseins zur Veränderung der Welt wird hier von ihm höchst emphatisch aufgerufen. Kurz, wir erleben Adorno hier nicht primär als geschliffenen Essayisten, sondern als ein genuines und improvisierendes Theaterkind vor dem deutschen Publikum der Nachkriegszeit von 1940 bis 1968, an dessen kritische und skeptische Seiten er appelliert. Und obwohl der letzte Vortrag damit mehr als 50 Jahre zurückliegt, sagt er viele Dinge, die bis heute unabgegolten geblieben sind. Das macht ihre Sperrigkeit aus. Sie liegen quer zur Idee einer vorwärtsstrebenden Zeit. Ein zugewandter Adorno als politischer Redner
Adorno spricht in seinen
Vorträgen auf Bildungsveranstaltungen, Symposien und Kunstakademien gegen die
Erinnerungslosigkeit in Deutschland. Er tut das in einer politischen Tradition,
die gerade nicht antiquarisch oder restaurativ ist. Und wir wissen, dass er –
mit einem amerikanischen Pass und dem US-Hochkommissar im Rücken – auch das
Chorsingen verbieten und mobile Aufklärungskommandos in die deutsche Provinz
schicken wollte, um gegen die Dummheit des Landlebens aufklärend, umfassend
bildend und ganz praktisch vorzugehen. In dem Band finden sich daher
überproportional viele Vorträge zur Bildung, vor allem politischer Bildung, aber
auch über Literatur, Neue Musik und Rechtsradikale. Die Texte sind durchweg
durch die Einsicht getragen: „Ich überlasse Ihnen das zum Weiterdenken!“, wie es
im Vortrag über Frank Wedekind heißt.[2]
Er versucht damit der Quadratur des Kreises herrzuwerden, dass sich dieses
Publikum, welches sich eben noch einen Herrn Hitler erwählt hatte, nun an seinem
eigenen demokratischen Schopf aus dem zuvor sich selbst eingebrockten Sumpf
ziehen müsste. Daran will er mittun, das ist sein Programm. Kein neuer Adorno?
Dieser komplexe
Zusammenhang wird nicht immer vollständig gewürdigt. Es gebe keinen neuen Adorno
zu entdecken, befand jedenfalls dabei durchaus freundlich gesinnt der Politologe
Alfons Söllner als Festredner auf der gut besuchten Vorstellungsveranstaltung
des Bands in der Akademie der Künste am 19. 11. 2019 in Berlin. Um dann mit
seiner Einschätzung fortzufahren, dass Adorno auch nicht zu den
einflussreichsten Remigranten in Deutschland nach dem Krieg gehörte. Das sei
immerhin sein eigenes Forschungsfeld und damit kenne er sich aus. Überhaupt habe
Adorno keine rechte säkulare politische Orientierung. Er sei im Grunde immer der
Typ des deutschen Geisteswissenschaftlers und Ästheten geblieben, der auf eine
klassische geisteswissenschaftliche Weise die deutsche Kunstreligion vertreten
und sich nicht wirklich auf eine politische Welt eingelassen habe. Der Germanist
und Mäzen Jan Philipp Reemtsma sprang ihm bei und fügte hinzu, dass Adorno trotz
aller bekannten Meriten nicht zu den wesentlichen deutschen Germanisten – sein
Forschungsfeld – gehörte. Reemtsma wiederholte damit eine Einschätzung, die er
bereits 2003 vor einem anderen Publikum – nämlich auf dem Kongress in Frankfurt
am Main zu Adornos 100-jährigen Geburtstag – formuliert hatte. Immerhin
sympathisierten alle vorne Beteiligten des Abends – die beiden Damen Kerstin
Hensel von der Akademie der Künste und Eva Gilmer vom Suhrkamp Verlag übrigens
deutlich ambivalenzfreier mit Adorno. Reemtsma bekanntermaßen auch praktisch,
indem er Forschungsinstitute und -archive finanziert. In diesen konnte dann der
wahre Held des Abends, nämlich Michael Schwarz, als vorbildlich bescheidener
Herausgeber seiner stillen Arbeit effektiv und routiniert nachgehen. Da kann man
insgesamt nicht meckern. Die Wirksamkeit eines soziologisch orientierten Unterrichts in politischer Bildung auf die Strukturen des politischen Bewußtseins, die zeigt sich auch darin, daß in diesen Klassen, also denen, die was von Soziologie gelernt haben, die Neigung zu autoritätsgebundenen Reaktionen, die Disposition zu Vorurteilen, etwa dem antisemitischen oder dem negerfeindlichen, weitaus geringer ist als in solchen Klassen, in denen man sich nur mit formaler Politik oder politischer Geschichte befaßt und in denen soziologische Themen nicht vorkommen.[4] Oder er spricht sich gegen eine falsche Formalisierung des Demokratiebegriffs aus: Sie dürfen eben, meine Damen und Herren — und ich kann das nicht nachdrücklich genug sagen und deshalb wiederhole ich es —, die politische Form, unter der wir leben, mit dem realen gesellschaftlichen Bewußtsein der Menschen nicht gleichsetzen. Man kann in einer Demokratie leben und kann trotzdem seinem Bewußtsein nach ganz und gar von Vorstellungen und Formen beherrscht sein, die mit der Demokratie, selbst wenn man sich sogar zu ihr bekennt, wie das sehr viele Menschen heute tun, unvereinbar sind.[5] Daraus folge ein bis heute fatales endemisches Ressentiment gegen die Politiker im Allgemeinen: Das genaue Korrelat zu dieser Vergleichgültigung oder Neutralisierung der Politik ist dann die Rancune, die in Amerika tief eingewurzelte und verbreitete Rancune gegen den Politiker, gegen den Berufspolitiker, die sich auch bei uns in Deutschland ganz deutlich anzeigt und in der so etwas steckt wie das Ressentiment darüber, daß, nachdem ich es nun nicht selber tue, was ich eigentlich selber tun müßte, daß dann der, der es besorgt, weil ich's ihm überlassen habe, daß der ein bedenklicher Mann sei, der mir eigentlich nur das Fell über die Ohren zieht.[6] Hier benennt Adorno eine antidemokratische Tendenz, die im Schoß der Demokratien selbst heranwächst. Leider bleiben diese Einsichten aktuell. Ja, es handelt sich dabei um Beschreibungen von Zuständen, die gerade heute die bundesdeutsche Parteienlandschaft eruieren lassen. Zugleich bleibt Adorno ein überzeugter Demokrat und tritt für eine andere Politik ein. Diese sei zwar nach Marx der Teil des Überbaus, aber auch eine besondere Sphäre: […] die Politik ist die Gestalt der Ideologie, die in sich die Möglichkeit der Abschaffung von Ideologie enthält. Nun, wenn ich gesagt habe, daß Politik eigentlich als Soziologie zu bestimmen sei, dann bedeutet das immer zugleich auch, daß auf Grund der gesellschaftlichen Einsicht in die tragenden gesellschaftlichen Strukturen mit den zur Verfügung stehenden Mitteln der politischen Willensbildung eingegriffen wird.[7] Wie man angesichts solcher eingreifenden Bestimmungen also auf die Idee kommen kann, hier von Adorno als einem traditionellen deutschen Anhänger einer Kunstreligion zu sprechen, muss dem Leser daher rätselhaft bleiben. Der „olle Adorno“?
Einen neuen Adorno zu
entdecken – das wäre unter solchen Umständen vielleicht auch zu viel verlangt,
heißt doch einer seiner erfolgreichsten Essaybände bereits Eingriffe.[8]
Wie wäre es dagegen damit, zunächst einmal den alten zu verstehen? Oder das
bisherige Adornobild, dass man schon hatte, der neuen Konstellation anzupassen
und nicht umgekehrt? Kann man da – in einer anderen Varianz von Hegels
Herr-Knecht-Dialektik – vielleicht etwas von dem bescheidenen Gestus des
Herausgebers lernen, der Adorno doch auch kennt, aber bei seiner Arbeit
offenkundig immer klüger wird? Widergänger statt Wiedergänger
Auch an Adornos Vorträge
ist daher das hermeneutische Existenzminimum als Interpretationsschema
heranzutragen, das doppelt fragt: „Was bedeuteten die Texte zu ihrer Zeit?“ –
„Und was sagen sie uns heute?“ Das exerziert Adorno selbst in seinen Vorträgen
über Marcel Proust (1954) und besonders über Frank Wedekind (1962) und die
undialektische Aufhebung der Sexualtabus in Lulu durch. Die Dichte der
Erkenntnis, die Adorno in diesen beiden Stücken präsentiert, ist meilenweit von
dem entfernt, was beispielsweise heutige Regisseure unter der Flagge eines
„Postdramatischen Theaters“ (Hans-Thies Lehmann) als zeitgenössische
Interpretation von Lulu oder Ibsens Schloss Rosmersholm auf die
Bühne meinen bringen zu müssen. Hier ist die Regression solcher Erkenntnis mit
Händen greifbar und man möchte die Bühne stürmen, täten das nicht gerade die
Schauspieler die ganze Zeit, statt sich einen einzigen Gedanken zu erlauben.
Aber auch an anderer Stelle erscheint vor allem die Zeitdistanz dämonisch,
weil voll von Wiedergängern anstatt von Widergängern – also von
Leuten, die etwas identisch als readymade repetieren wollen, anstatt
adaptierend die Lehren daraus zu ziehen. Und es wäre wohl äußerst oberflächlich zu glauben, daß durch das politische Schicksal diese Dinge ein für allemal erledigt wären, denn die psychologischen wie überhaupt auch die ideologischen Momente haben eine außerordentliche Zähigkeit zu beharren und fortzudauern, auch in Situationen, die ihnen an sich fremd sind oder die mit ihnen scheinbar gar nichts zu tun haben.[14]
Hier gilt es sicherlich,
eine diachrone und traurige Aktualität zu den von Adorno in den Sechzigerjahren
diagnostizierten Problemen festzuhalten: Der Antisemitismus und die neue
Beliebtheit der Rechtsradikalen fallen gleichsam aus einer simplen Vorstellung
einer stetig progressiv gedachten Zeit heraus, die ihr Pathos daher bezieht,
dass sie sich deren Verlauf wie in einem schlechten Frühlingsgedicht vorstellt,
wie Walter Benjamin einmal gesagt hat. Aber ich möchte Sie wenigstens aufmerksam machen auf eine Möglichkeit, die ich einmal vor Jahren an Ibsen glaubte, konstatieren zu dürfen — daß nämlich der Eifer, mit dem man einen Künstler als „veraltet“ etikettiert, dazu dient, die Momente in seinem Werke, die nicht erledigt sind, vor allem solche Momente, die auf ein in der Realität in unserer Gesellschaft nicht Erledigtes hinweisen, dadurch zu entgiften, daß man sagt, alles das gelte gar nicht mehr.[15] Vor PublikumDiese Aufsätze Adorno sind also einem deutschen Publikum zugewandt, nun aber unter anderen ambivalenten Vorzeichen, als etwa bei Johann Gottfried Herders berühmter Rede von 1765.[16] Adorno hat einmal gesagt, dass man an der Stimme einer Frau hören könne, ob diese hübsch sei oder nicht. Denn die Stimme spiegele als Reflexionsmedium die Bewunderung wider, die ihr von außen zugetragen werde. Ähnliches ließe sich über diese Vorträge Adornos sagen, dass sie nämlich die Reflexion einer aufgeklärten Hörererwartung im Sprechenden in actu wiedergeben. Die Hörerinnen und Hörer geben eine Resonanz zu seiner Erwartung, die selbst eine weitere Figur der Verschlungenheit von Innen und Außen darstellt. Über den Umgang mit der anderen Kultur und der eigenen heißt es am Schluss des Vortrags über Kulture und culture von 1957: Es kommt auch nicht darauf an, daß man sieht, das hat seine guten Seiten und jenes hat seine guten Seiten und seine schlechten Seiten. Wenn mein Vortrag in diesem Sinn verstanden würde, dann, glaube ich, würde er nicht richtig verstanden. Sondern ich glaube, es kommt wirklich darauf an, daß man am Eigenen wie an dem Anderen des kritischen Gedankens mächtig bleibt, anstatt daß man vor der Übermacht dessen, was hier und dort nun einmal so ist, kapituliert und sagt: „Das ist so, das muß so sein, das muß man hinnehmen“. Das, was wir versuchen sollten zu überwinden, dort und hier, ist eigentlich nichts anderes als die Verhärtung gegen den kritischen Gedanken überhaupt, und ich wollte eigentlich nicht mehr, als Ihre eigenen Gedanken anzuregen zu einer gewissen Verflüssigung dieser geronnenen Gegensätze, die ich freilich anders als in ihrer geronnenen Form Ihnen nicht präsentieren konnte, eben deshalb, weil sie heute in einer verdinglichten Welt nun einmal geronnen sind.[17]
In ähnlicher Weise hatte
Goethe einmal über Weltliteratur geredet. Als er seine Texte ins Französische zu
übersetzen versuchte, besann er sich ihrer prototypischen spanischen, englischen
und französischen Voraussetzungen für ihre erste Fassung im Deutschen. Ähnliches
muss man sich sowohl zum Publikum als auch zum Redner Adorno denken. Er wird
zugleich dort vom Publikum gesprochen, wo er dieses über dessen weltbürgerliche
Voraussetzungen des Denkens aufklären will. Den Vortragsband vor Augen habend,
hören wir seine Stimme freilich nicht (obwohl einige Vorträge wohl auch als
Höraufnahmen vorliegen). Wir lesen diese Vorträge daher am besten wie stumme
Notenpartituren, bei denen die zugehörigen Töne im
Überohr mitschwingen. Zugleich sehen wir vor unserem inneren Auge, wie Adorno
sich seinem ihm derart begegnenden Publikum hingibt. Diese gegenseitige
Zugewandtheit spiegelt sich als Reflexionsmedium nochmals zurück auf den Leser.
[1] S. 214-215. [2] S. 343. [3] „Ich hatte vorhin von dem amerikanischen Verhältnis zu den Kindern geredet. Ich glaube, daß wir uns doch kaum vorstellen können, in welchem Maß in dieser amerikanischen Kultur die Kinder freier, weniger unterdrückt und unter weniger Gewalt heranwachsen, als das selbst heute noch bei uns der Fall ist, und vor allem, in welchem Maß doch die Errungenschaften der neuen Psychologie in Amerika in die Gestaltung selbst des täglichen Lebens eingedrungen sind. Eine Mutter, die weiß, mag es auch noch so grob und oberflächlich sein, daß, wenn sie ihr Kind verprügelt, daß das Kind dann möglicherweise dafür mit einer Neurose als Erwachsener zu bezahlen hat, eine solche Verhaltensweise scheint mir immer noch der Humanität näher zu sein als eine Verhaltensweise, die, indem sie vornehm erklärt, man sei ja über Freud längst heraus und Freud reiche etwa an die Tiefe unserer Existenz nicht heran, nun die Psychoanalyse überhaupt zum alten Eisen wirft und letztlich sich darauf herausredet, daß, wenn man die Kinder ordentlich verprügelt, daß sie dann bessere Soldaten werden. [Lachen im Auditorium] Also, ich würde schon sagen, daß man dieses Element hier, gerade wo es um die Kritik der sogenannten Flachheit geht, mit einbeziehen soll und daß man sich darüber klar sein soll, daß doch also die Freiheit von Autorität, in einem sehr spezifischen und in einem sehr fruchtbaren Sinn, in Amerika weiter gediehen ist als bei uns.“ (S. 166-167.) Hier erscheint auch seine Position zur Psychoanalyse klar wie selten: Er findet die pragmatischen Entwicklungen der Analytiker in Amerika weniger schlimm, als die absurde Vorstellung, die die NS-Neoanalytiker wie Harald Schultz-Hencke in Deutschland entwickelten, Freud vermeintlich „reformiert“ und „aufgehoben“ zu haben; eine Haltung, die trotz Alexander Mitscherlich bis in die 1980er Jahre in Deutschland vorherrschend war (vgl. Anthony Kauders, Der Freud-Komplex. Eine Geschichte der Psychoanalyse in Deutschland, München: Piper 2014). [4] S. 381. [5] S. 380. [6] S. 384. [7] S. 386. [8] Vgl. GS 10.2, S. 455ff. [9] Bei einem Vortrag des Frankfurter Pädagogen Micha Brumlik vor einigen Jahren in Weimar beschwerte dieser sich, dass die heutigen jungen Studenten da keine Vermittlungsleistung vollbrächten: sie läsen Adorno so, als handele es sich bei ihm um einen wirklich radikalen zeitgenössischen Philosophen! Das klang zwar auch ein wenig eifersüchtig, weil despektierlich gegenüber Brumliks eigener Leseleistung, die auf diese Weise kaum gewürdigt wurde. Es hat aber eine entsprechend richtige Diagnose im Hintergrund. [10] Theodor W. Adorno, Aspekte des neuen Rechtsradikalismus - Ein Vortrag. Mit einem Nachwort von Volker Weiß, Berlin: Suhrkamp Juli 2019 [11] Die heutigen LeserInnen sind aber heute noch angerührt davon, was Michael Schwarz aus Adornos Tagebuch abdruckte, als dieser einen Tag nach seiner Ankunft in Frankfurt am 3. November 1949 über einen Gang durch die Trümmerstadt notierte: „Lang durch die Stadt. Erst die Bockenheimer Landstraße, für Frankfurt intakt, d. h. nur etwa jedes 2. Haus kaputt. Überall die wildeste Wiederaufbau-Aktivität. […] Die Altstadt ist ein nightmare, ein Angsttraum in dem man alles an der falschen Stelle sieht, so den ganzen Dom, vom Römerberg aus. Der einsam erhaltene Gerechtigkeitsbrunnen auf dem verwüsteten Römerberg. Erst auf dem Eisernen Steg kam mir das Phantastische des Ganzen recht ins Gefühl; mir war als wäre ich nicht da.“S. 595. [12] Vgl. Heinrich Geiselberger (Hg.), Die große Regression. Eine internationale Debatte über die geistige Situation der Zeit, Berlin: Suhrkamp 2017. Leider ist es eben nicht nur die geistige Situation, wenn sich Trumps Schwiegersohn Kushner, Orban, und Netanjahu zur Amtseinführung von Bolsenaro 2019 in Rio treffen. [13] In der Dialektik der Aufklärung heißt es dazu bereits instruktiv: „Die Wut entlädt sich auf den, der auffällt ohne Schutz. Und wie die Opfer untereinander auswechselbar sind, je nach der Konstellation: Vagabunden, Juden, Protestanten, Katholiken, kann jedes von ihnen anstelle der Mörder treten, in derselben blinden Lust des Totschlags, sobald es als die Norm sich mächtig fühlt.“ (Horkheimer/Adorno, Dialektik der Aufklärung [1947], in: Theodor W. Adorno, Gesammelte Schriften, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1986, Band 3, S. 195. [14] S. 246. [15] S. 332. [16] Vgl. Johann Gottfried Herder, „Haben wir noch jetzt das Publikum und Vaterland der Alten?“ - In: Ders.: Werke in Zehn Banden. Bd. 1: Frühe Schriften 1764-1772. Hrsg. von Ulrich Gaier, Frankfurt am Main: Deutscher Klassiker Verlag 1985. S. 40-55. [17] S. 176.
Artikel online seit 26.02.20 |
|
||
|
|||