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Dabeisein ist alles Empörungs- & Hetzmeuten gegen Handke im Internet Von Wolfram Schütte
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Der Schriftsteller Thomas Melle hat eben in der FAS zusammenfassend beschrieben, was sich derzeit in den sogenannten „Sozialen Medien“ an Tobsuchtsanfällen zum Casus „Nobelpreis an Peter Handke“ versammelt hat. Dort soll ja auch der derzeitige US-Präsident täglich herumspucken. Ich erfahre das nur in Nachrichtensendungen, die immer öfter von verbalen Tätlichkeiten & Rudelbildungen auf diesen Schauplätzen des Internets berichten. Da ich diese virtuellen „Dark-Rooms“ nicht betrete, nachdem mir mein kundiges Patenkind, das gerade 37 Jahre alt geworden ist & in der IT-Branche arbeitet, gesagt hat, es sei nicht bei Facebook, Twitter etc., & ich darauf entschieden habe, mich auch nicht dort rumzutreiben, weiß ich von deren Giftküchen nur vom Hörensagen, „aus zweiter Hand“. Ich bin auch nicht gewillt, diese Ignoranz eines Medien-Asketen aufzugeben, der noch nicht einmal seinen voyeuristischen Neigungen als zynisch-amüsierter Beobachter des scheußlichen Schauspiels der vielfältigen, kollektiven oder individuellen Selbstentblödungen & Selbstentblößungen nachgibt. Und das selbst auf die Gefahr hin, möglicherweise den von Donald Trump ertweeteten Beginn des 3. Weltkriegs zu verpassen. Es ist nicht Alters-Arroganz, die mich von Twitter et al absehen lässt, obwohl auch das keine schlechte Begründung wäre; sondern es ist die Ansicht, dass sich bei dergleichen um einen kategorialen Kollateralschaden handelt, der beim Öffnen der Pandorabüchse des Internets entstanden ist. Dieser negativen Einschätzung von Twitter, Facebooks Anonymität etc., die ich kürzlich an dieser Stelle unter dem Titel „Personenschutz im Internet“ zu begründen versuchte, ist bislang individuell nur durch Nichteilnahme, Nichtanteilnahme, will sagen: durch Ignorieren radikal zu begegnen – solange in diesen Bereichen eine gesellschaftliche Zivilisierung noch nicht zur Kultur der Sozialen Medien gehört. Denn was dort sich in Hass, Ignoranz, übler Nachrede, Sich-selbst-Aufgeilen ausbreitet & zum Mittun animiert, scheint mir, mit Sigmund Freuds Instanzenmodell gesprochen, nichts anderes zu sein, als das kollektive öffentliche Brodeln des (infantilen) „Es“, dem Ich & Über-Ich – also die individuellen & gesellschaftlichen zivilisatorischen Kontrollen – mit Facebook, Twitter etc. abhandengekommen sind. Es ist, als sei das auffällig Asoziale an den „Sozialen Medien“ ihr kostenloses Versprechen verbalisierter Allmacht & imaginierter Verfügungsgewalt. Sie lassen sich psychologisch besonders sinnlich & intim selbsterleben im Kreis Gleichgesinnter, die einen, der in der „analogen“ Gesellschaft scheinbar oder wirklich isoliert ist, als kollektive „Hetzmeute“ lustvoll in die Enge treiben. Mordlust ist da oft nicht weit entfernt, wo das totalisierte „Es“ das Wort führt - & zwar auf allen sozialen & kulturellen Ebenen, wie z.B. jetzt der Fall Handke/Nobelpreis demonstriert. Intelligenz, Intellektualität, „Kultur“ ist keine Garantie, sich nicht damit gemein zu machen. (Das wissen wir leidvoll aus der menschlichen Geschichte noch im „analogen“ Leben, der deutschen & der nachjugoslawischen besonders.)
Deshalb lobe
ich mein Patenkind. Es hat mir den einfachen Weg gezeigt, wie man derzeit mit
Facebook, Twitter & Konsorten umgehen sollte. Nicht alles, was man kann, könnte
& „was alle tun“, muss oder sollte man auch machen. Abgesehen davon, dass man
dadurch viel eigene freie Zeit behält (weil man nicht drogenhaft sie mit
diese Medien vernichtet), bringt man sich gleichzeitig um das
zweifelhafte Vergnügen, zwangsweise Teilnehmer & -haber einer imaginären
Gesellschaft zu sein, in der das ungelüftete Innenleben laufend nach außen
gekehrt wird & die verbal rülpsenden & kotzenden Anonymi das große Wort führen.
Darum muss man die Dummheit meiden, weil sie dumm macht, die ihr begegnen & weil
keiner immun ist gegen die Kontakt-Ansteckung.
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