OB
als Laurel & Hardy, als Stan & Ollie oder hierzulande ziemlich plump und in
umgekehrter Reihenfolge als Dick & Doof, die beiden kennt jeder, und viele
lieben sie noch heute. Im Video-Zeitalter sind sie zudem jederzeit präsent,
sodass sich jede(r) von ihrer Einmaligkeit überzeugen kann. Für einen Spielfilm
über sie gibt es deshalb ebenso gute Gründe wie gewichtige Bedenken
Dem Regisseur Jon S. Baird war von vornherein klar, dass alles von der Besetzung
seines Films »Stan & Ollie« abhängt. Deutliche Abweichungen von den Originalen
hätten das Unternehmen zu einer unfreiwilligen Parodie gemacht, und daraus
erwuchs die Gefahr, sich im Dokumentarischen zu verlieren. Der Film beginnt also
nicht – wie jede ordentliche Doku anfangen würde – mit der Idee des Produzenten
Hal Roach, noch zu Stummfilmzeiten die beiden Komiker zu einem Duo zu koppeln.
Wie wir wissen, landete er damit einen Volltreffer, der sich für ihn auch
bestens auszahlte. Die Komiker hielten sich dagegen für unterbezahlt und waren
es wohl auch.
Das Biopic »Stan & Ollie« setzt dagegen in den Dreißigerjahren mit den
Dreharbeiten zu »Way out West« (Zwei ritten nach Texas) ein. Nach einem Gang
durch das Studiogelände betreten die Komiker das Set, um die berühmte
Tanzsequenz aufzunehmen, die im Nachspann auch im Original zu sehen ist (die
Rückprojektion ist übrigens beispielhaft gelungen).
Sofort ist klar: Steve Coogan als Stan und John C. Reilly als Ollie treffen dank
Maskenbildner Jeremy Woodhead exakt ihre Vorbilder, womit die erste Hürde
genommen wäre. Man mag die charakteristischen Gesten der beiden gar nicht
aufzählen – sie kommen alle vor, auch wenn wir gerne öfter gesehen hätten, wie
Ollie mit der Krawatte wedelt. Den Berichten der Beteiligten zufolge ging dem
Drehbeginn ein intensives Studium und Probieren der vorliegenden Originalszenen
voraus. Nach der Einleitung springt der Film ins Jahr 1953, um von der letzten
Theatertournee des Komikerpaars zu erzählen. Als solide Vorlage für das Drehbuch
von Jeff Pope (»Philomena«) erweist sich ›A.J.‹ Marriots Buch »Laurel & Hardy
-The British Tours«.
In den Fünfzigerjahren ist der Ruhm des Paares bereits am Abklingen.
Zwischendurch hatte Hardy mit dem einstigen Stummfilmstar Harry Langdon die
mäßig witzige Komödie »Zenobia« (Zenobia, der Jahrmarktselefant) gedreht. Roach
hatte sich geweigert, den Vertrag mit Laurel unter besseren Bedingungen zu
erneuern, wozu er sich dann doch gezwungen sah. Ihren letzten gemeinsamen Filmen
fehlt hingegen der Charme der frühen Jahre, und bald finden sie keinen
Produzenten mehr, der an ihnen interessiert ist. Es liegt also nahe, die besten
ihrer komischen Szenen auf der Bühne zu präsentieren, und für den gebürtigen
Engländer Stan bietet sich eine Tournee in seiner Heimat an.
So landen ihre Filmszenen am Ende ihrer Karriere im Theater, Stans
Krankenhausbesuch aus dem Kurzfilm »County Hospital« (Im Krankenhaus) ist sogar
mehrmals zu sehen (mit Stans Unvergessenem: »I brought you some hard boiled eggs
and some nuts«). Ihre britische Theatertournee beginnt sehr traurig – in
drittklassigen Hotels und kleinen Sälen, die zudem schlecht besucht sind. Neue
Stars wie die viel derberen Abbott & Costello haben Laurel & Hardy abgelöst.
Erst nach Promotion-Auftritten füllen sich die Theater und müssen größere Säle
angemietet werden. Über ihre Komik ist schon viel geschrieben worden. Sie
basiert darauf, dass sich zwei Erwachsene wie zwei Kinder benehmen. Ollie ist
der große Bruder, Stan der ungeschickte kleinere, der immer wieder ermahnt
werden muss. Besonders lustig wird es, wenn auf einmal Stan der Clevere von
beiden ist. Dann entsprechen die Rollen schlagartig der Wirklichkeit. Denn Stan
war der kreative Kopf, der sogar noch im Ruhestand und nach dem Tod seines
Partners neue Gags für sie beide entwickelte. Gags, die das Kind im Manne
feiern. Die Zerstörungsorgien der frühen Kurzfilme wurden komplett ausgespart.
Sie hätten sich auch nicht mit der leisen Melancholie vertragen, die über dem
Geschehen liegt. Nur einmal unterbricht ein echter Streit nach einer
Galavorstellung diese Grundstimmung. Einige Gäste deuten ihn als exklusive
Zusatzvorstellung. Witziger und im nächsten Moment auch wehmütiger kann man ihre
determinierte Existenz nicht beschreiben. Ihre ›realen‹ Ehefrauen Ida Laurel
(Nina Ariana) und Lucille Hardy (Shirley Henderson) sind besorgt, aber nicht
weniger bestimmend als die Ehefrauen in den Filmen, vor denen es einiges zu
verbergen gilt. So bietet dieses Biopic ein gelungenes Abbild der
Laurel-and-Hardy-Filme, die wiederum ein Abbild des wahren Lebens sind. Na ja,
des Lebens, wie es früher einmal war.
Artikel
online seit 06.06.19
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STAN & OLLIE
von Jon S. Baird,
GB/CDN/USA 2018,
97 Min.
mit Steve Coogan, John C. Reilly, Nina Arian-da, Shirley Henderson,
Rufus Jones, Danny Huston, nach »Laurel & Hardy – The British Tours«
von ›A.J.‹
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