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Glanz&Elend Literatur und Zeitkritik

 



Alles ist gut

Die seltsam positive Weltsicht des Steven Pinker

Von Jürgen Nielsen-Sikora

 

»Alles ist gut, wie es aus den Händen des Schöpfers kommt;
alles entartet unter den Händen des Menschen.
« (J.-J. Rousseau)


Der Populismus des 21. Jahrhunderts, so Steven Pinker in seinem Manifest, diskreditiere die Ideale der Aufklärung (Vernunft, Freiheit, Frieden, Mündigkeit). Seit der Gegenaufklärung seien Nationalismus, (Irr-)Glaube, Untergangsprophetismus (Pinker spricht auch von „Grünismus“) und Realitätsverlust sozialgesellschaftliche Probleme, die seit einiger Zeit wieder verstärkt zu beobachten seien.

Dem hält er entgegen, dass das Leben in allen Bereichen  besser geworden sei. Allerdings habe dies niemand mitbekommen – außer ihm selbst: Da sei die Abnahme von Gewalt und Ungleichheit, die Abschaffung der Todesstrafe in Europa, die steigende Lebenserwartung, die fortgeschrittene Alphabetisierung, ein höherer IQ-Wert der Menschheit, bessere Gesundheit und Hygiene, mehr Freizeit, stabile Demokratien und mehr Frieden und Sicherheit. Die Welt heute erklärt er zum „Schlaraffenland“ und zitiert den Komiker Chris Rock: „Dies ist die erste Gesellschaft der Geschichte, in der die Armen fett sind.“ Mein Humor ist das nicht.

Pinker präsentiert in seinem Buch eine Vielzahl von Diagrammen und Statistiken, die seine Sicht untermauern sollen. Trotz der über 700 Seiten werden einzelne Themen dennoch recht pauschalisierend und schwarz-weiß-malerisch behandelt. Hin und wieder verfällt er selbst in gegenaufklärerische Gedanken, etwa wenn er Nietzsches Philosophie als „Inbegriff des Nazismus“ interpretiert und ihm eine Nähe zum „italienischen Faschismus“ unterstellt.

Zudem beugt er kritischen Rezensionen schon einmal vor: „Experimente haben erbracht, dass Rezensenten, die ein Buch verreißen, für kompetenter gehalten werden als Rezensenten, die es loben.“ Es handele sich hierbei um „professionelle Grantler“ und „Dauernörgler“. Was soll man dazu sagen? Vielleicht nur so viel: Wenn doch alles gut ist, wozu braucht es dann überhaupt noch Aufklärung? Erschöpft sich diese tatsächlich darin, zu sagen, dass alles gut ist? Und warum ist der Populismus dann überhaupt ein Problem?


Artikel online seit 07.11.18
 

Steven Pinker
Aufklärung jetzt
Für Vernunft, Wissenschaft, Humanismus und Fortschritt. Eine Verteidigung
S.Fischer
736 Seiten
26,80 €
978-3-10-002205-9

Leseprobe

 


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