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Literarische Herbstlese
Eine kleine Auswahl an lesenswertem Stoff mit vielen Leseproben, von Arthur
Koestler über
Lew Tolstoj
bis Paolo Coelho. Ja, Sie haben richtig gelesen.
Zusammengestellt von Herbert Debes
Kommt
Zeit, kommt Buch
Auf Stefan Geyer ist Verlaß, nach seinen Anthologien
»Frankfurter
Wegsehenswürdigkeiten«,
»Vom
Glück, Fahrrad zu fahren«
und »Gefangen«
ist ihm nun mit »Vom Warten« wieder eine stoffreiche literarische Cuvée
gelungen.
Es vergeht kein Tag, an dem wir nicht auf irgendetwas warten. Am Bahnsteig, an
der Supermarktkasse, im Wartezimmer – auf das Glück, die Liebe, ein besseres
Leben. Diese Wartezeiten summieren sich im Laufe eines Lebens auf
durchschnittlich fünf Jahre. Das Warten begleitet uns ein Leben lang und es
genießt keinen sonderlich guten Ruf. Meist wird Wartezeit als gestohlene
Lebenszeit empfunden, als Eingriff in unseren Tagesablauf. Wer warten muss,
fühlt sich fremdbestimmt. Doch kann Warten auch als geschenkte Zeit empfunden
werden, als Gelegenheit zur Muße. Warten als Chance innezuhalten in einer sich
in zunehmendem Maße beschleunigenden Welt, als Möglichkeit zur Entschleunigung.
Gegenwärtige Autorinnen und Autoren wie Stephanie Bart, Marion Brasch, Dietmar
Dath, Andrea Diener, Werner Frizen, Andreas Göttlich, Nora-Eugenie Gomringer,
Vinzent Klink, Ludger Lütkehaus, Andreas Maier, Philipp Mosetter, Katja
Thorwarth, Mark-Stefan Tietze u. a. lassen uns in Originalbeiträgen an ihren
»Wahrheiten über das Warten« teilhaben und unsere Sicht auf dieses
Alltagsphänomen überdenken.
Stefan Geyer (Hrsg.), Georg Christian Dörr (Fotograf)
Vom Warten
-
Über Zeitlöcher und Warteschlangen
- Marix Verlag, 272 Seiten, 18,00 €, 978-3-7374-1096-0
Einblicke
Bob Woodward, die legendäre Ikone des investigativen Journalismus in den USA,
hat alle amerikanischen Präsidenten aus nächster Nähe beobachtet. Nun hat er
sich Donald Trump vorgenommen und enthüllt den erschütternden Zustand des
Weißen Hauses unter der Herrschaft des besten Präsidenten aller Zeiten.
Woodward beschreibt, wie Trump seine Entscheidungen trifft, er berichtet von
eskalierenden Debatten im Oval Office und in der Air Force One, dem volatilen
Charakter Trumps und dessen Obsessionen und Komplexen. Woodwards Buch ist ein
erschütterndes Dokument der Zeitgeschichte: Hunderte Stunden von Interviews mit
direkt Beteiligten, Gesprächsprotokolle, Tagebücher, Notizen – auch von Trump
selbst – bieten einen dramatischen Einblick in die Machtzentrale der westlichen
Welt, in der vor allem eines herrscht: Furcht. Woodward ist das Porträt eines
amtierenden amerikanischen Präsidenten gelungen, das es in dieser Genauigkeit
noch nicht gegeben hat.
Bob Woodward –
Furcht
- Trump im Weißen Haus
–
Rowohlt - 512 Seiten - 22,95 € - 978-3-498-07408-1 -
Leseprobe
Was
kommt auf uns zu?
Doch nicht nur wegen Machthabern wie Trump stehen uns dramatische Zeiten bevor:
In den nächsten Jahrzehnten könnten Technologien wie die Künstliche Intelligenz
und die Gentechnik das Ende der Menschheit herbeiführen oder aber ein goldenes
Zeitalter einläuten, das wir uns noch kaum ausmalen können. Oder leben wir etwa
heute schon in der Matrix, wie der schwedische Philosoph und Bestsellerautor
Nick Bostrom (Superintelligenz)
in seinem berühmten Simulationsargument nahelegt.
In den sechs hier versammelten Aufsätzen, von denen einige bereits
Klassikerstatus besitzen, wagt Bostrom einen ebenso nüchternen wie detaillierten
Blick in unsere Zukunft. Manches liest sich (noch) wie Science-Fiction, könnte
aber aktueller und ernster kaum sein.
Wird das auf der Erde entstandene Leben aussterben? Wird die maschinelle die
biologische Intelligenz übertreffen? Über die Zukunft der Menschheit zu
spekulieren ist wahrhaft kein überflüssiger Zeitvertreib...
Nick Bostrom -
Die Zukunft der
Menschheit
– Aufsätze - suhrkamp taschenbuch wissenschaft 2245, 209 Seiten, 18,00 €
978-3-518-29845-9 -
Leseprobe
Was
ist Zeit?
Warum stehen wir mit den Füßen auf dem Boden? Newton meinte, weil sich
Massen anziehen, Einstein sagte, weil sich die Raumzeit krümmt. Carlo Rovelli
hat eine andere Erklärung: vielleicht ja deshalb, weil es uns immer dorthin
zieht, wo die Zeit am langsamsten vergeht. Wenn, ja wenn es so etwas wie Zeit
überhaupt gibt.
Kaum etwas interessiert theoretische Physiker von Rang so sehr wie der Begriff
der Zeit. Seit Einstein sie mit dem Raum zur Raumzeit zusammengepackt und der
Gravitation unterworfen hat, wird sie von großen Physikern wie Stephen Hawking
und Carlo Rovelli umrätselt. Wenn es ums Elementare geht, darum, was die Welt im
Innersten zusammenhält, kommen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in den
Formeln der großen Theorien zwar nicht mehr vor. Aber geht es wirklich ohne die
Zeit? Leben wir in der Zeit oder lebt die Zeit vielleicht nur in uns? Warum der
physikalische Zeitbegriff immer weiter verschwimmt, je mehr man sich ihm nähert,
warum es im Universum keine allgemeine Gegenwart gibt, warum die Welt aus
Geschehnissen besteht und nicht aus Dingen und warum wir Menschen dennoch gar
nicht anders können, als ein Zeitbewusstsein zu entwickeln: Rovelli nimmt uns
mit auf eine Reise durch unsere Vorstellungen von der Zeit und spürt ihren
Regeln und Rätseln nach. Ein packend geschriebenes Lese-Abenteuer.
Carlo Rovelli -
Die Ordnung der
Zeit
–
Rowohlt - 192 Seiten, 20,00 €,
978-3-498-05399-4
Leseprobe
Geschichte
atmen
Bild- und wortgewaltig führt Èric Vuillard seine Leser mitten in die
Hinterzimmer der Macht. Er läßt die historischen Orte und ihre Atmosphären
aufleben, in denen oft mit erschreckender Beiläufigkeit Geschichte geschrieben
wurde. Dabei erzählt er eine andere Geschichte als die uns bekannte, er zeigt
den Panzerstau an der deutschen Grenze zu Österreich, er entlarvt Schuschniggs
kleinliches Festhalten an der Macht, Hitlers abgründige Unberechenbarkeit und
Chamberlains gleichgültige Schwäche. Mit der ihm eigenen virtuosen
Eindringlichkeit und satirischem Biss seziert Vuillard die Mechanismen des
Aufstiegs der Nationalsozialisten und macht deutlich: Die Deals, die an den
runden Tischen der Welt geschlossen werden, sind faul, unser Verständnis von
Geschichte beruht auf Propagandabildern. In »Die Tagesordnung« zerlegt Éric
Vuillard diese Bilder und fügt sie virtuos neu zusammen: Ein trickreiches Buch,
das eine überfällige Geschichte erzählt und dafür den wichtigsten französischen
Literaturpreis erhielt.
Éric Vuillard -
Die Tagesordnung
- Matthes & Seitz, Berlin, 128 Seiten, 18,00 €, 978-3-95757-576-0
Der
Kuchen wird verteilt
1884, nach der Berliner Kongokonferenz, begann eine Kolonialherrschaft von
ungekannter Brutalität, die das Land bis in die Gegenwart hinein zeichnet. Éric
Vuillard zeigt kleine Brüsseler Beamte, aufgeschwungen zu Dschungelherrschern,
die zu Vollstreckern der europäischen Rohstoffgier werden, und er verleiht ihren
zahl- und namenlosen Opfern eine Stimme. Kongo ist eine mitreißende Erzählung
und ein erschreckend lebendiges Zeugnis banaler Grausamkeit und des beginnenden
Weltkapitalismus.
Éric Vuillard –
Kongo
-
Matthes & Seitz Berlin Paperback - 108 Seiten, Broschur, 10,00 € -
978-3-95757-678-1
Sonnenfinsternis
Arthur Koestlers ebenso legendärer wie heute zu Unrecht vergessener Roman über
die Schrecken der stalinistischen Schauprozesse und jede Form von
Totalitarismus, liegt mit dieser Ausgabe erstmals im deutschen Originaltext vor.
Der Roman entstand 1939/40 in Frankreich in deutscher Sprache, Koestlers
Lebensgefährtin übersetzte ihn beinahe gleichzeitig ins Englische. Kurz vor dem
Einmarsch der Deutschen in Paris erreichte die englische Fassung den Londoner
Verleger; das deutsche Original aber ging verloren und galt 70 Jahre lang als
verschollen. Die bislang bekannte deutsche Ausgabe war eine - wenn auch von
Koestler selbst vorgenommene - spätere Rückübersetzung aus dem Englischen. Erst
2015 entdeckte der Kasseler Doktorand Matthias Weßel Koestlers
Originaltyposkript in einer Bibliothek in Zürich. Die neue Ausgabe macht
Koestlers ursprüngliche Fassung nun weltweit zum ersten Mal zugänglich.
Arthur Koestler -
Sonnenfinsternis
–
Roman -
Nach dem
deutschen Originalmanuskript
-
Vorwort von Michael Scammell - Nachwort von
Matthias Weßel -
Elsinor
Verlag, 256 Seiten, 978-3-942788-40-3; 28, 00 €, eBook:
978-3-939483-44-1
Vom
Leben und Töten im Kaukasus
Vom Leben auf dem Landgut der Familie angeödet, begleitete der junge Lew Tolstoi
1851 seinen ältesten Bruder Nikolai, der im Kaukasus dient, an seinen Einsatzort
Starogladkowskaja, eine Kosakensiedlung am Terek. Seit Jahrzehnten führte das
russische Imperium in der Region Krieg. Erst 1859 gelingt es, die vom Imam
Schamil geeinten muslimischen Kaukasusfürstentümer zu besiegen. Doch um welchen
Preis!Tolstoi, der als Fähnrich an Gefechten teilnahm und verwundet wurde, kennt
den Krieg und seine Akteure aus eigener Anschauung. Er beschreibt die Tragödie
aus allen Perspektiven: an der Seite gelangweilter russischer Soldaten, die zum
Freizeitvergnügen ein tschetschenisches Dorf zerstören, und neben den
untröstlichen Überlebenden, die in den Trümmern ihrer Behausungen hocken. Mit
scharfer Beobachtungsgabe und ethnographischem Blick schildert er die
Faszinationsgeschichte der »Kaukasier«, der russischen Abenteurer, die sich,
bestrickt von der stolzen Schönheit und Unbezwingbarkeit der Bergbewohner, auf
ein Leben einlassen, an dessen Fremdheit sie scheitern.
Ein Werk mit dem Titel »Krieg im Kaukasus« hat Tolstoi nie geschrieben. Aber er
hat sein Leben lang über den Kaukasus geschrieben. Der Band konfrontiert den
frühen mit dem späten Tolstoi. Von der nüchtern protokollhaften frühen Prosa von
Überfall (1852) und Holzschlag (1855) bis zu den romanhaft farbigen Kosaken
(1863), dem harten mündlichen Duktus des Gefangenen im Kaukasus (1872) und dem
in Montagetechnik verfassten Hadschi Murat (postum 1912) – in Rosemarie Tietzes
Neuübersetzung werden sie erstmals in ihrer stilistischen Bandbreite und ihrem
sprachlichen Reichtum erfahrbar.
Lew Tolstoj -
Krieg im Kaukasus
-
Die kaukasische Prosa
- Neu übersetzt und umfassend kommentiert von Rosemarie Tietze - Suhrkamp, 590
Seiten, Mit Abbildungen, 978-3-518-42836-8
Leseprobe
Auferstanden
aus Ruinen
Die Kathedrale von Reims ist als Krönungskirche, Nationaldenkmal und Meisterwerk
der Gotik ein bedeutender Ort der französischen Geschichte und Identität. Dass
gerade dieses einzigartige Monument von deutschen Truppen im Ersten Weltkrieg
bombardiert und erheblich beschädigt wurde, führte zu einem radikalen Bruch in
den deutschfranzösischen Beziehungen. Thomas W. Gaehtgens legt die symbolische,
architektonische und historische Wirkungsmacht der Kathedrale dar und schärft
damit das Bewusstsein für die politische Bedeutung
kultureller Monumente.
Der Angriff auf Reims im September 1914 hatte weitreichende
Folgen und löste einen beispiellosen Propagandakrieg aus, in dem Frankreich die
Zerstörung des Gotteshauses als vorsätzlichen Akt der Barbarei anprangerte. Im
vorliegenden Buch geht Thomas W. Gaehtgens nicht nur auf die historische und
politische Bedeutung der Kathedrale von Reims ein, sondern auch auf Fragen des
Schutzes und der Wiederherstellung von Denkmälern. Das Buch endet mit der
schwierigen Annäherung Frankreichs und Deutschlands nach dem Ende des Zweiten
Weltkriegs. Durch das Engagement Charles de Gaulles und Konrad Adenauers wurde
Reims schließlich als „Friedenskirche“ zu einem Erinnerungsort der Versöhnung
und der europäischen
Vereinigung.
Thomas W. Gaehtgens -
Die brennende Kathedrale
- Eine Geschichte aus dem Ersten Weltkrieg - C.H. Beck, 351 S., mit 88
Abbildungen, 29,95 €, 978-3-406-72525-8
Versuch
einer Rekonstruktion
Über kaum einen historischen Vorgang neuerer Zeit herrscht so viel Unklarheit
und Dissens wie über die deutsche Revolution von 1918/19. Hat die
sozialdemokratische Führung, die am 9. November 1918 die Regierung übernahm, die
Revolution gemacht oder niedergeschlagen? Hat sie Deutschland vor dem
Bolschewismus gerettet oder der Reaktion zum Sieg verholfen? Ist sie ein
Ruhmesblatt oder ein Schandfleck der deutschen Geschichte?
Sebastian Haffner, für seine präzisen, scharfsinnigen Analysen und Kommentare
zum Zeitgeschehen bekannt, rekonstruiert hier die Ereignisse vom November 1918
bis zum März 1920 und räumt mit alten Legenden auf: mit der Leugnung des
Faktums, dass überhaupt eine Revolution stattgefunden hat, mit der Behauptung,
dass die Revolution eine bolschewistische gewesen sei, und schließlich mit der
berühmten, bis in unsere Tage überlieferten Dolchstoßlegende.
»Deutschland
krankt an der verratenen Revolution von 1918 noch heute«,
schrieb Haffner in seinem 1969 erstmals erschienen Buch. Gilt das vielleicht für
das Deutschland des Jahres 2018 noch immer?
Sebastian Haffner -
Die deutsche
Revolution 1918/19
– Rowohlt, 256 Seiten, 15,00 €, 978-3-498-03042-1
Leseprobe
Korrespondenzen
Es gehört zu den Merkwürdigkeiten der Thomas Mann- und Stefan Zweig-Forschung,
dass eine der letzten Lücken im weitgespannten Korrespondenznetz der beiden
Autoren den gegenseitigen Briefwechsel betrifft. Dieses Versäumnis wird mit der
Edition dieses Bandes nachgeholt. Die Bedeutung des Briefwechsels liegt dabei
vor allem in seinem dokumentarischen Wert für die Jahre des Exils. Darüber
hinaus gibt er Einblick in das komplexe und widersprüchliche Verhältnis zwischen
Thomas Mann und Stefan Zweig. Die Ausgabe bringt erstmals alle gegenwärtig
bekannten Schriftstücke aus der Korrespondenz in neuer Transkription. Der
Briefwechsel wird durch einen umfangreichen Anhang ergänzt, der Dokumente und
Texte zusammenführt, die für den Briefwechsel und die chronologische Darstellung
von Bedeutung sind.
Thomas Mann – Stefan Zweig -
Briefwechsel,
Dokumente und Schnittpunkte
Kartonierte Sonderausgabe - Hrsg. von Katrin Bedenig und Franz Zeder,
Klostermann Verlag, 464 Seiten, 39,80 €, 978-3-465-04373-7
Leseprobe
Eine
gelungene literarische Ausgrabung
Anders als ihre Romane ist Virginia Woolfs Theaterstück »Freshwater« heute fast
in Vergessenheit geraten. Dabei ist die kurze, 1935 im halbprivaten Rahmen des
Bloomsbury-Kreises aufgeführte (und dort von Virginia Woolf selbst inszenierte)
Komödie nicht nur ein Stück Zeit- und Gesellschaftskritik, sondern lässt seine
Autorin als humorvoll-ironische Dramatikerin in einem ganz neuen Licht
erscheinen.
In einer kleinen Künstlerkolonie im Küstenort Freshwater auf der Isle of Wight
wird der »Dienst an der Kunst« ins Groteske getrieben. Die AkteurInnen sind
Künstlerpersönlichkeiten des viktorianischen Zeitalters, darunter die berühmte
Fotografin Julia Margret Cameron, Virginia Woolfs Großtante. Sowohl die junge
Schauspielerin Ellen Terry als auch Julia Margret Cameron planen ihre Flucht aus
diesem Elfenbeinturm – mit ganz unterschiedlichen Motiven. An einer
Wiederaufführung Anfang der 1980er Jahre in Paris waren u.a. Eugène Ionesco,
Alain Robbe-Grillet und Nathalie Sarraute beteiligt; die erste Aufführung in
Deutschland fand erst 1994 in Mainz statt. Anders als in England, Frankreich,
Italien oder Spanien wurde »Freshwater« in Deutschland bislang nicht in Buchform
veröffentlicht und fehlt auch in der bei Fischer erscheinenden Gesamtausgabe.
Tobias Schwartz’ »Bloomsbury«, das Woolfs Komödie als »Stück im Stück«, neu
übersetzt durch den Autor, enthält, ist ein Theaterstück rund um die
Uraufführung von »Freshwater«. Dem historischen Kontext des Werkes von Virginia
Woolf wird in Schwartz‘ originellem Rahmenstück neues Leben eingehaucht.
Verbürgtes, aus Originalzitaten Montiertes und fiktional Ergänztes lassen den
poetologischen Kosmos und das biografische Umfeld dieser modernen Klassikerin
aufleuchten. Der ebenfalls von Tobias Schwartz übersetzte Essay Virginia Woolfs
über Julia Margaret Cameron sowie ein Nachwort des Virginia Woolf-Herausgebers
Klaus Reichert vervollständigen diesen Band.
Tobias Schwartz / Virginia Woolf -
Bloomsbury & Freshwater
-
übersetzt von Tobias Schwartz mit einem Nachwort von Klaus Reichert -
Aviva Verlag - 144 Seiten
978-3-932338-92-2
Was
es heißt, ein Indianer zu sein ...
... und wie ein Weißer Etnologe versucht, zwei alte Indianer zu verstehen, ohne
ihnen auf den Leim zugehen. Kent
Nerburn wird eines Tages von einer jungen Frau angerufen, die ihn bittet, ihren
Großvater in einem weit entfernten Reservat aufzusuchen.
Nerburn erfüllt ihren Wunsch und trifft Dan, einen uralten Lakota-Indianer, der
über viele Jahre hinweg Aufzeichnungen gemacht hat, aus denen, mit Nerburns
Hilfe, ein Buch entstehen soll.
Dan jedoch erkennt in Nerburns Text nicht mehr wieder, was er sagen will und
worum es ihm eigentlich geht. Die beiden geraten fortwährend in Streit über die
Unterschiede zwischen weißen Amerikanern und Native Americans, es entspinnt sich ein sehr persönlicher Austausch, unterhaltsam und voller
Ironie.
Was dieses Buch so besonders macht, ist seine romanhafte
Erzählung einer listig arrangierten Reise, die Dan mit seinem Freund Grover,
seinem steinalten Hund und eben Kent unternimmt. Diese Reise ist die eigentliche
Lektion, eine Art On the Road mit zwei Indianern und einem Weißen. Ein
saukomisches und überaus geistreiches Buch jenseits allen Gutmenschengelabers.
Kent Nerburn -
Nicht Wolf nicht Hund
-
Auf vergessenen Pfaden mit einem alten Indianer
- C.H.Beck, 349 Seiten, 24,95 €, 978-3-406-72498-5,
Leseprobe
Those
were the days my friends
Als der rebellische junge Paulo aus Brasilien und die Holländerin Karla sich in
Amsterdam begegnen, trifft sie die Liebe wie ein Blitz. Sie beschließen,
gemeinsam aufzubrechen und als Reisende auf dem Hippie-Trail Erfahrungen zu
sammeln, nach eigenen Werten zu suchen und danach zu leben. Mit an Bord sind
ihre Freunde Rahul, Ryan und Mirthe sowie die Musik, die damals die Welt aus den
Angeln hob. Eine inspirierende Reise von Amsterdam nach Kathmandu, an Bord des
›Magic Bus‹. Geschrieben von Paulo Coelho, der uns an einem unbekannten, frühen
Kapitel seines Lebens teilhaben lässt.
Wer
sich selbst kennenlernen will, sollte zunächst die Welt kennenlernen. In den
späten 1960er Jahren entwickelte sich in vielen Ländern eine gegenkulturelle
Jugendbewegung, für die ›Hippie‹ zum globalen Synonym geworden ist. Die
Hippiebewegung richtete sich gegen Konsumgesellschaft, vorgeprägte
Lebensentwürfe, Militarismus – alles, was für ein Leben in Entfremdung stand.
Die Suche nach einem eigenen, selbstbestimmten und sinnhaften Leben erfasste
eine ganze Generation – auch den jungen Paulo Coelho in dem damals von einer
Militärdiktatur beherrschten Brasilien. Paulo will Schriftsteller werden und
bricht auf, die Welt zu bereisen auf der Suche nach Freiheit und seinem
Lebenssinn. 1970 trifft er in Amsterdam die junge Niederländerin Karla, die
einen Reisebegleiter für ihren Trip nach Nepal mit dem Magic Bus sucht.
Paolo Coelho -
Hippie
- Roman - Aus dem Brasilianischen von Maralde Meyer-Minnemann - Diogenes –
Leinen - 304 Seiten, 22,00 €, 978-3-257-07049-1
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Popdialektik
Zeit meines Lebens habe ich Pop geliebt und gehasst. Pop war hier Befreiung und
da Unterdrückung, hier Explosion der Wahrhaftigkeit und dort Implosion der
Verlogenheit. Pop bewahrte das innere Kind und förderte die Vergreisung, Pop
rebelliert und korrumpiert. Pop konstruiert die kleinen Unterschiede der Klassen
und setzt sich über die gesetzten Grenzen hinweg. Pop ist universal, regional
und national; Pop macht einfach alles mit, denn es ist der Ausdruck des
Kapitalismus in der Demokratie, wie es der Ausdruck der Demokratie im
Kapitalismus ist. Ohne Pop würde es diese prekäre Einheit gar nicht geben, und
ohne Pop wären die Spannungen zwischen beiden nicht auszuhalten. Zugleich aber
reagiert Pop auf die Brüche und Widersprüche, wie es keine »Hochkultur« und
keine Wissenschaft kann. Jede Erkenntnis und vor allem Selbsterkenntnis einer
Gesellschaft ist in ihrem popkulturellen Sektor »irgendwie« schon da. Pop ist
das Klügste und gleichzeitig das Dümmste, was wir haben und was wir kennen.
Georg Seeßlen -
Is this the end?
-
Pop zwischen Befreiung und Unterdrückung - Tiamat,
Critica Diabolis 251 – Broschur - 224 Seiten, 16,00 €, 978-3-89320-228-7
Leseprobe
Artikel online seit 20.10.18
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