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Warenkritik als Feuilleton

Gabriel Yorans unterhaltsame Warenkunde

Von Jürgen Nielsen-Sikora
 
Krempel sind Dinge, die nicht viel wert sind: Trödel, Nippes, Zeug, Plunder. Eine verkrempelte Welt ist demnach eine Welt, die von solchen Dingen überflutet wird, genauer: Von einer Verkrempelung der Welt kann man sprechen, wenn auch die massenhaft, seriell hergestellten Warenprodukte zum Krempel werden. Die Crux dieser Welt: Die Dinge erwecken dennoch den Anschein, sie seien etwas wert. Der Schein bestimmt das Sein.

Der Philosoph und Verleger Wolfgang Fritz Haug stellte hierzu in seiner »Kritik der Warenästhetik« bereits in den 1970er Jahren fest, dass die Dinge, die etwas zu sein scheinen, wohl auch gekauft würden – ganz gleich, ob sie es tatsächlich auch wert sind.

Gabriel Yorans Essay nimmt diese Pointe zum Ausgangspunkt einer kritischen Warenkunde und liefert eine pointierte und unterhaltsame Darstellung des vermeintlichen Fortschritts der Welt der Produkte. Im Vordergrund stehen hierbei persönliche Eindrücke, Beobachtungen und Anekdoten.

Der leicht zugängliche Ton hat allerdings eine Schwäche: Es fehlen Quellen und empirische Fundierung. Statt belastbarer Daten oder wissenschaftlich nachvollziehbarer Argumente präsentiert das Buch in der Regel subjektive Bewertungen und persönliche Erfahrungen. Das Lamento, in das Yoran mit Blick auf die Verkrempelung der Welt einstimmt, bleibt deshalb doch ein stark verkürzter Blick auf die Konsumwelt, obwohl zahlreiche Beobachtungen sehr scharfsinnig sind. Letztlich lebt das Buch von Yorans Meinungsäußerungen. Eine tiefere Analyse der Dynamiken der Warenwelt fehlt. Die Verkrempelung der Welt ist insofern nettes Feuilleton, aber eben kein tiefschürfender Beitrag zur Gesellschaftsanalyse wie es etwa Haugs vor einigen Jahren aktualisierter Klassiker ist.

Artikel online seit 07.07.25
 

Gabriel Yoran
Die Verkrempelung der Welt
Zum Stand der Dinge
(des Alltags)
edition suhrkamp
Klappenbroschur
185 Seiten
22,00 €
978-3-518-03002-8

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