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Sehnsüchte und Verluste |
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Ursprünglich wollte sie Archäologin werden, studierte Ur- und Frühgeschichte, merkte aber bald, dass ihr Interesse eher in der Ausgrabung der jüngeren, ja der jüngsten Vergangenheit liegt. Patricia Hempels erster Roman mit dem treffenden Titel »Metrofolklore«, 2017, beschreibt (nicht nur) eine lesbische Liebe. In ihrem neuen Roman mit dem ebenso treffenden Titel »Verlassene Nester« spielen Liebeswünsche und Sehnsüchte auch wieder eine tragende Rolle, zugleich geht es aber um die Leere, die bleibt, wenn Menschen aus der nächsten Nähe verschwinden. Man spürt die Wende-Zeit. Der Roman war im September beim NDR Buch des Monats.
1992, zwei Jahre nach der
Maueröffnung, geht es los. Pilly, gerade dreizehn geworden, lebt in einem
fiktiven Ort an der Elbe. Die Betonfabrik in der auch Pillys Vater arbeitete,
ist geschlossen worden. Die, die nicht abgehauen sind, wohnen meist in dem
großen Wohnkomplex, den sie »Kaserne« nennen. Treffpunkt von Pilly, der etwas
älteren Katja und Bine, ist der Spielplatz , auf dem es eine klare Ordnung gibt:
die kleinen »Kuchenmädchen« füllen ihre Förmchen mit Sand und backen Kuchen,
während die vietnamesischen Vertragsarbeiter auf ihren Picknickdecken sitzen und
Zigaretten verkaufen. Die riesige Betonröhre daneben »gehört« Katja und ihrer
Freundin Bine. Sie spielen darin Familie. Pilly darf der Hund sein. Sie himmelt
Katja an, die alle dominiert und ansagt, was gemacht werden soll. Pilly ist
glücklich, dabei sein zu dürfen, obwohl sie anfangs nur erniedrigt wird. Ihr
Vater Martin hockt jeden Abend in der Kneipe und ist mit der Erziehung seiner
Tochter völlig überfordert. Seine Frau Waltraud hat die beiden sitzen lassen.
Wohin sie abgehauen ist, bleibt unklar. Martin befürchtet, dass Waltraud
»irgendwo im Westen an der Seite des ehemaligen Gemeindepfarrers versuchte, ihr
altes Leben zu vergessen«. Waltraud war eine fröhliche junge Frau, allerdings
»mit Vergangenheit«, wie ihre Schwester Katharina gerne sagte. Und auch Martin
beschleicht manchmal die Befürchtung, dass seine Tochter nicht von ihm sein
könnte. |
Patricia
Hempel |
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