Glanz&Elend Literatur und Zeitkritik Impressum & Datenschutz |
|||
Home Belletristik Literatur & Betrieb Krimi Biografien, Briefe & Tagebücher Politik Geschichte Philosophie |
|||
|
|||
Fantasy-Scharteke
Mircea Cartarescus blendender & einschüchternder Roman
»Theodoros« |
|||
Seit Jahren las ich regelmäßig Hymnen der deutschen Kritik über jedes neue Buch des rumänischen Schriftstellers Mircea Catarescu. Die jubilierenden Rezensenten wurden zumeist von umfangreichen Romanen entzückt. Nun habe ich den Werbungen dieser Kollegen nachgegeben & Cartarescus jüngsten Roman „Theodoros“ gelesen. Als sein opus magnum vom Verlag angepriesen, hat einer der wiederum begeisterten deutschen Rezensenten nun schließlich den Nobelpreis für den 1956 geborenen, höchst produktiven Schriftsteller gefordert. Das wird wohl kaum der Fall sein – obwohl der rumänische Autor von voluminösen Romanen (zahlreichen Erzählungen & Gedichten), die zuletzt alle von dem rumäniendeutschen Autor & Übersetzer Ernest Wichner bewundernswert übertragen wurden, gewiss einer der herausragenden, eloquentesten Schriftsteller unserer Zeit ist. Was Alfred Döblin einmal für sich behauptete, trifft auch auf Mircea Cartarescus schöpferische Eigenart zu: auch er „planscht in Fakten“, mit denen er sein eigenwilliges, sprachprunkvolles, phantastisches Oeuvre auf- & ausfüttert. Es ist ein lustvolles, ausschweifendes, exzentrisch-bizarres erzählerisches Schwelgen in (esoterischen) Kostbarkeiten & atemberaubenden Superlativen, das einen in „Theodoros“ immer wieder in Bann zieht, bzw. überwältigt – wie offenbar auch bei seinen früheren Romanen. Zumindest habe ich, bei meinem Weg zu Cartarescu, dergleichen Charakteristika für sein fabulöses Werk, oft fast wörtlich wiederholt als ceterum censeo der animierten Kollegenschaft wahrgenommen - & könnte guten Gewissens sie nun Wort für Wort wiederholen. Denn das, was man die Story(line), den Stoff, den Plot eines epischen Erzählwerks nennt, ist zwar auch in „Theodoros“ nicht ganz unerheblich, wird aber bei fortschreitender Lektüre so verzehrt wie die Holzscheite von der Flamme & gibt dabei die innerliche Wärme des haarsträubenden Schmökerns & emotionssatten Schmausens ab. Ernst Bloch, Liebhaber & Kenner beider Autoren soll einmal behauptet haben: „Es gibt nur Karl May & Hegel. Alles dazwischen ist eine unreine Mischung“. Und wenn nun der besondere Reiz & das außergewöhnlich Anziehend-Faszinierende der Prosa des „Theodoros“ (& seines Autors von jeher) darin zu sehen & lesend zu erfahren wäre, dass der intellektuelle Vielfraß & - Gourmet Catarescu die wahnwitzigste Kolportage des Abenteuerromans liebt, in dem „alles“ fiktional erlaubt ist, was die banale Linearität des gewöhnlichen psychologischen Realismus wortreich sprengt ? Oder überschreitet & verrückt ins Surrealistisch-Wunderbare oder gar Märchenhafte & dabei phantasmagorisch-metaphorisch erzählerisch aufblühen lässt? Wenn er gewissermaßen die Aufstiegs- & Verfall-Biografie eines fiktiven Subjekts, das es aus der Walachei über die Seeräuberei in der Ägäis bis zum Kaiser von Äthiopien schafft, mit Karl-May- & 1001Nacht-Zauber, mit Blut, Sperma & massenhafter Gewalt-Schlachtereien tolldreist &-drastisch als religiös unterfütterte Legende inszeniert, dass einem Hören & Sehen vergeht? Bevor er mit dem aufschneiderischen Fabulieren von seinem merkwürdigen Helden beginnt, der so heißt wie das mörderische britische Königshaus (Tudor), gesteht der exquisit gebildete Schriftsteller (der seinen Spaß an Ironie, Parodie & Humor hat), dass er für seine narrativen Ausschweifungen in Zeit & Raum bei ein „paar alten Scharteken“ sich räuberisch bedient hat; und in der „Schlussbemerkung“ erklärt er, dass er „zur Konfiguration“ seines Romans neben der Bibel auch noch das „heilige Buch Äthiopiens“ benutzt habe.
Wer sich bei Wikipedia
über dieses „Kebra Nagast“ informiert, könnte danach mutmaßen, dass es sich
dabei um ein religiöses Labyrinth handelt, das sich auch gut als Appendix von
Mircea Catarescus blendender „schönen Kunstfigur“ eignen würde. |
Mircea Cartarescu |
||
|
|||