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Glanz&Elend Literatur und Zeitkritik
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Glanz&Elend
Die Zeitschrift kommt als
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in einer limitierten Auflage
von 1.000 Exemplaren
mit 176 Seiten, die es in sich haben.

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Seitwert


Wissenschaftskrimi

Über Bernhard Kegels »Ein tiefer Fall«

Von Gregor Keuschnig

Wissenschaft habe in der öffentlichen Wahrnehmung "nur als Event eine Chance, wenn es knallte und rauchte und blitzte und spektakuläre, unerwartete Dinge inszeniert wurden". So befindet zutreffend der allwissende Erzähler in Bernhard Kegels Roman "Ein tiefer Fall". Man spürt, wie Kegel dieses Sensationsgehabe decouvrieren und thematisieren möchte. Sein Buch ist nicht nur ein Kriminalroman, sondern zugleich profunde Kritik an einem Wissenschaftsbetrieb, der zuweilen droht in Plagiatsaffären, merkwürdigen Co-Autorenschaften, falschen oder gefälschten Versuchsergebnissen und einem selbstzerstörerischen Veröffentlichungszwang nach dem Motto publish or perish sukzessive seine Reputation zu verlieren. Wer sich in diesem immer mehr zum Gefälligkeitsbetrieb geratenen Mahlwerk als Aufklärer geriert, bekommt flugs das Etikett des Nestbeschmutzers angeheftet. Vor allem in diesen Momenten ist Kegels Buch spannend und sogar lehrreich, zeigt es doch eine Parallelwelt, die dem normalen Nachrichtenkonsumenten in dieser Abgrundhaftigkeit nicht bekannt ist - obwohl die Wissenschaften doch gemeinhin mehr Einfluss auf unsere Existenz hat als man denkt.

Eingebettet wird dieses Szenario in einen eher bieder erzählten Kriminalroman um den Kieler Biologieprofessor Hermann Pauli. Dieser entdeckt am Abend in seinem Institut eine Leiche eines Mitarbeiters des Shootingstars der Uni-Szene, Frank Moebus. Später gibt es noch einen Toten im Institut. Pauli, mit 60 Jahren fast am Ende seiner bis auf ein Ereignis unspektakulär verlaufenden Universitätskarriere ("Fliegenbeinzähler" nennen Ehrgeizlinge solche Forscherkarrieren), beobachtet schon länger den Hype um Moebus, der Lebewesen einer "Scheinbiosphäre"  gefunden hatte und nun das Forschungsgebiet der synthetischen Biologie fortschreiben will. Aufgrund seiner fachlichen Kenntnisse ist Pauli der Polizei häufig einen Schritt voraus und wird fast wider Willen zum Mitaufklärer der Ereignisse. Von einigen Versuchen thrillerhafter Einspielungen abgesehen erinnert das Buch eher an einen "Tatort". Es menschelt erheblich; sowohl bei Pauli (seine Tochter nebst Enkel bekommt eine Rolle, die rein gar nichts mit dem Fall zu tun hat), als auch innerhalb der Kriminalpolizei (desweiteren entdeckt die 53jährige Kommissarin durchaus eine Zuneigung zum verwitweten Pauli) und natürlich im Universitätsbetrieb. Die Figuren sind fast alle unspektakulär erzählt und bergen wenig Überraschungspotential. Sogar die schillerndste Figur, der von faustischem Ehrgeiz getriebene und arrogante Professor Moebus, bleibt ziemlich farblos; ein "herablassender, spöttischer Blick" ist der höchste Ausdruck von Dämonie.

Früh ahnt auch der unbedarfte Krimileser die zwei Lösungsmöglichkeiten des Falls. Als sich die eine Möglichkeit konkretisiert, man aber erst auf der Hälfte des Romans angelangt ist, weiss man, dass die andere verfangen wird. Der Grat der Überraschungen hält sich in spürbaren Grenzen; das Eichhörnchen der Erkenntnis ernährt sich zuweilen mühselig. Dabei ist sogar der Titel einigermaßen verräterisch. Dennoch soll hier auf die Darstellung von Einzelheiten verzichtet werden.

Kegels Buch ist leicht lesbar; an einem Wochenende hat man die 500 Seiten durch. Die Lobeshymnen auf den Autor dürften sich auf seinen Erstling beziehen, den ich leider nicht kenne. Ansonsten sehe ich nicht, wie Frank Schätzing auf die Idee kommt, dem Leser könnte mit der Lektüre der Schlaf geraubt werden. Ich habe davor und danach wunderbar geschlafen. Gregor Keuschnig
 







Bernhard Kegel
Ein tiefer Fall
Roman
mare
512 Seiten,
gebunden mit Schutzumschlag und Lesebändchen
19,90 €

Leseprobe

 


Glanz & Elend
- Magazin für Literatur und Zeitkritik

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